»Wider den autoritären Marxismus«. Tagesseminar zur jugoslawischen Praxis-Gruppe
In den letzten Jahren haben sich vermehrt linke Gruppen gegründet, deren Auftreten und deren Tendenz zur Kaderdisziplin oder auch zur generellen Unterordnung unter das Kollektiv an autoritäre Vereinigungen erinnern kann – etwa an die K-Gruppen der 1970er Jahre oder auch die orthodoxe Parteikonzeption des Stalinismus. Doch nicht nur solche Organisationen, sondern auch die Kritik an ihnen hat in der Geschichte der kommunistischen Bewegungen eine Tradition. Diese Kritik zielte dabei stets auf die konkreten Organisationsformen und politischen Aktionen einerseits, andererseits aber auch auf die ihnen zugrundeliegende Theorie und das damit verbundene Verständnis des Marxismus. Meist ließ sich beides nicht voneinander trennen.
Im Rahmen eines Tagesseminars möchten wir uns gemeinsam mit einer dieser Kritiken am autoritären Marxismus ausgiebiger beschäftigen: diejenige der sogenannten Praxis-Gruppe in Jugoslawien. Während sich die sozialistische Republik Jugoslawien 1948 von der stalinistischen Sowjetunion losgesagt hatte, wurde in den 1960er Jahren allmählich Unmut laut an den Blüten, die diese Form des real existierenden Sozialismus trotz allem trieb: an ihrem Bürokratismus, ihrer Aushöhlung der betrieblichen Selbstverwaltung oder ihren repressiven Züge gegen die eigene Bevölkerung. Maßgeblich wurde eine marxistische Kritik in der Zeitschrift »Praxis« und bei Sommerschulen auf der Insel Korčula u. a. zusammen mit Vertreter:innen der Frankfurter Schule diskutiert. Prägend war dafür der Bezug auf das Marxsche Werk, bei dem Begriffe wie „Praxis“, „Entfremdung“ und „Humanismus“ ins Zentrum rückten. Diese Diskussionen waren nicht rein theoretisch, sondern nahmen auch die zeitgenössischen Entwicklungen Jugoslawiens in den Blick und hatten praktische Konsequenzen: Ein großer Teil der Akteur:innen wurde im Nachgang der Studentenrevolte 1968 deshalb als »Rädelsführer« der »ultralinken Extremisten« aus dem jugoslawischen Bund der Kommunisten ausgeschlossen oder verlor 1975 seine Anstellung.
Im Seminar wollen wir gemeinsam die Position der Praxis-Gruppe verstehen und sie kritisch diskutieren. Dazu werden wir uns ein Grundverständnis der zentralen Begriffe, der philosophischen wie politischen Kritik und des historischen Kontextes erarbeiten, in dem die Praxis-Gruppe diskutierte, arbeitete und politisch agierte. Vorkenntnisse sind dafür nicht nötig. Zur Vorbereitung wird ein Reader mit Texten bereitgestellt, der uns als gemeinsame Arbeitsgrundlage dienen soll. Wir bitten bis zum 11. Oktober um Anmeldung per mail an mail@translib.de.
Veranstaltungsart: Tagesseminar
Veranstaltende Gruppe: translib (Instagram)
Datum: 18.10.2025
Uhrzeit: 11:00 Uhr bis 18:00 Uhr
Ort: translib (Instagram)