Das Moorsoldatenlied

Redebeitrag gehalten von alea am 25. Mai 2025 auf der Kundgebung Re:organsiert die Antifaschistische Aktion

Rudolf „Rudi“ Oskar Goguel war Mitglied der KPD und wurde als Widerstandskämpfer gegen den NS in das KZ Börgermoor interniert. Dort komponierte er im Krankenrevier während seiner Haftzeit mit Wolfgang Langhoff und Johann Esser das Moorsoldatenlied.

In dem KZ Börgermoor bei Papenburg im Emsland wurden ab 1933 vor allem politische Gefangene inhaftiert. Es waren Antifaschist:innen, Sozialdemokrat:innen, Anarchist:innen und Kommunist:innen, die mit einfachen Werkzeugen wie einem Spaten Zwangsarbeit wie Torfstechen im Moor verrichten mussten. Das Lied beschreibt den Arbeitsalltag im Konzentrationslager.

Rudi Goguel erinnerte sich später:

„Die sechzehn Sänger, vorwiegend Mitglieder des Solinger Arbeitergesangsvereins, marschierten in ihren grünen Polizeiuniformen (unsere damalige Häftlingskleidung) mit geschulterten Spaten in die Arena, ich selbst an der Spitze in blauem Trainingsanzug mit einem abgebrochenen Spatenstiel als Taktstock.“ Wir sangen, und bereits bei der zweiten Strophe begannen die fast 1000 Gefangenen, den Refrain mitzusummen.

[…]

Von Strophe zu Strophe steigerte sich der Refrain, und bei der letzten Strophe sangen auch die SS-Leute, die mit ihren Kommandanten erschienen waren, einträchtig mit uns mit, offenbar, weil sie sich selbst als ‚Moorsoldaten‘ angesprochen fühlten.

[…]

Bei den Worten ‚… dann ziehn die Moorsoldaten nicht mehr mit den Spaten ins Moor‘ stießen die sechzehn Sänger die Spaten in den Sand und marschierten aus der Arena, die Spaten zurücklassend, die nun, in der Moorerde steckend, als Grabkreuze wirkten.“

Zwei Tage nach der ersten Aufführung wurde das Lied von der Lagerleitung verboten. Trotzdem war es das Wachpersonal des Lagers, das wiederholt verlangte, dass das Lied von den Häftlingen auf ihren Märschen zum Arbeitsplatz gesungen wurde. Heute existieren von dem Moorsoldatenlied weltweit mindestens 500 Versionen in mehreren Sprachen. Durch entlassene oder in andere Lager verlegte Gefangene wurde das Lied über Börgermoor hinaus bekannt. Im September 1933 haben etwa 20 Frauen ihre im Lager Börgermoor inhaftierten Ehemänner/Partner besucht. Hanns Kralik hat dabei den Text des Moorsoldatenliedes in einer Bastschnalle versteckt an seine Frau Lya Kralik übergeben. So wurde das Lied erstmals bekannt. 1935 lernte es der Komponist Hanns Eisler in London kennen. Er überarbeitete die Melodie für den Sänger Ernst Busch. Dieser schloss sich während des Spanischen Bürgerkrieges (1936–1939) den Brigadas Internacionales an, den Internationalen Brigaden, die die Spanische Republik gegen den Putschisten Franco verteidigten. Dadurch wurde das Lied verstärkt international bekannt.

Schaffte es die Antifaschistische Aktion nicht, zu einem gemeinsamen Widerstand gegen den Nationalsozialismus zu gedeihen, so erzeugte die Inhaftierung und das Zusammentreiben der politischen Gegen:innen des Nationalsozialismus eine Realität, in der der Feind bestimmte, wer zusammen in den Reihen der Häftlinge, der Verfolgten und Ermordeten stehen sollte. Die Nationalsozialisten trieben ihre Gegner in eine Ecke. Das Moorsoldatenlied erinnert uns auch daran, dass es dem Faschismus egal ist, wie sich die von ihm ernannten Feinde selber verorten.

Wir danken der feministischen Singegruppe dafür, dass sie heute das Lied für uns singen werden.